Am Sonntag ist es also soweit. Wir wählen unseren nächsten Bundespräsidenten. Eine wichtige Wahl, wie mir scheint. Und selten noch hat eine Wahl zwischen zwei Personen solche Wellen geschlagen. Die Wogen gehen hoch. Freundschaften zerreißen. Und doch geht es „nur“ um die Wahl eines Repräsentanten der Republik Österreich – Einer überparteilichen Person – Einer Vorbildfunktion. Per Definition ist der Bundespräsident das auf sechs Jahre gewählte Staatsoberhaupt der Republik Österreich.
Jetzt stehen wir vor der Wahl: Van der Bellen oder Hofer? Nochmal 6 Jahre Heinz Fischer gibt es leider definitiv nicht. Und mögliche Alternativen sind nicht (mehr) existent. Ungültig wählen oder nicht zur Wahl gehen kommt für mich sowieso nie in Frage. Ich habe also begonnen mich mehr mit den beiden Kandidaten zu beschäftigen und habe weitmöglichst auch versucht, eine gewisse neutrale Betrachtungsweise an den Tag zu legen, was zugegebenermaßen alles andere als einfach war. Ich habe mich im rechten Lager umgehört und ich habe mich im linken Lager umgehört und ich habe fast vergeblich die politische Mitte gesucht. Ich glaube ja nachwievor, dass der Großteil der Bevölkerung nicht in links und rechts oder blau und grün einzuteilen ist und auch gar nicht eingeteilt werden will. Es ist heute nur verdammt schwer, eine persönliche Meinung zu äußern ohne sofort in eine Schublade geschoben zu werden und aus dieser nicht mehr herauszukommen.
Ich bin ein Mensch, der sehr auf Harmonie bedacht ist. Ich versuche nie jemanden auszugrenzen. Ich akzeptiere andere, politische Meinungen. Ich mag keine Hetze – weder links noch rechts. Ich mag keine radikalen Gedanken – weder links noch rechts. Ich liebe Österreich. Ich liebe die Welt und ich liebe die Menschen. Ich mag auch die Rivalität (vor allem im Fussball). Aber ich mag auch davor und danach gemeinsam auf ein Bier gehen können – mit jedem und immer. Ich mag Sarkasmus und ich mag Sticheleien. Und ich verurteile niemanden dafür, dass er eine andere Meinung hat als ich. Ich halte mich an den Grundsatz „Durchs reden kommen die Leit z’samm“ und höre gerne zu. Ich verabscheue Ausgrenzung und bin eher der diplomatische Typ, der will, dass es allen gut geht. Naiv? Vielleicht.
Wer mich kennt weiß, dass ich aus Überzeugung nie blau wählen würde, da sich die Meinung der Partei und der großteils handelnden Personen in zuvielen Punkten von meinem Denken unterscheidet. Ich habe allerdings auch noch nie grün gewählt, denn auch mit dem grünen Parteiprogramm bin ich bisher noch nie richtig warm geworden. Und nun werde ich offensichtlich vor die Wahl gestellt, was mir lieber ist. Rechts oder links? Blau oder Grün? Alt oder jung? Konservativ oder Konservativ? …
HALT! STOP! Ich versuche mich wieder darauf zu besinnen, worum es eigentlich geht: Wir wählen hier eine Person und keine Partei. Wir wählen unser Staatsoberhaupt!
- Ich versuche mir vorzustellen, wie unser zukünftiges Staatsoberhaupt in fremden Ländern unterwegs ist und Debatten über die Zukunft führt…
- Ich versuche mir vorzustellen, wie sich unser zukünftiges Staatsoberhaupt bei der nächsten Flüchtlingswelle verhält…
- Ich versuche mir vorzustellen, wie sich das Ansehen Österreichs in der Welt durch das neue Staatsoberhaupt entwickelt…
Ich sehe mir TV-Debatten und Youtube-Zusammenschnitte (hier gibt es zugegeben von beiden Kandidaten sehr fragwürdige und widersprüchliche Mitschnitte) an, lese die Positionen der beiden Kandidaten und vergleiche die Inhalte, Aussagen und Handlungen mit meinen Wertvorstellungen!
Sehr bald stelle ich fest, dass mich mein Bauchgefühl nicht getäuscht hat: Am 22. Mai gibt es für mich nur eine Wahl: Alexander Van der Bellen
Meine wichtigsten Gründe:
- Menschlichkeit und Integration: Ich will einfach keinen festen Zaun, keine Mauer und keine Abgrenzung. Ich will eine geregelte Integrationspolitik. Und auch wenn der Bundespräsident dies sowieso nicht einfach entscheiden kann, so ist mir seine Einstellung zu diesen Themen einfach verdammt wichtig!
Ich will Unterstützung, wenn es sie bedarf. Und wenn Menschen zu uns kommen, die Hilfe benötigen, dann will ich, dass geholfen wird und tue das gerne auch selbst aktiv wie beispielsweise in Traiskirchen oder am Hauptbahnhof. Ich wünsche mir Respekt und Toleranz/Akzeptanz anstelle von Ignoranz und Abweisung. Natürlich gehören die Probleme vor Ort gelöst und unkontrollierbare Zuwanderung kann nicht das Ziel sein.
Unsere Regierung war zweifelsfrei überfordert. Deshalb dürfen wir die hilfesuchenden Menschen aber nicht im Mittelmeer krepieren oder vor unseren Grenzen hungern lassen. Und ich kenne in meinem näheren Umfeld keinen einzigen Menschen, dem es durch die Flüchtlingswelle jetzt persönlich schlechter geht als vorher… - Überparteilichkeit: Beide positionieren sich als überparteilich, unabhängig davon, dass sie natürlich aus ihren Lagern unterstützt werden. Van der Bellen glaube ich dies aber einfach mehr. Bestätigung erhalte ich durch einen Blick auf die Website der beiden Kandidaten. Bei Alexander Van der Bellen neutral und gelb, während Norbert Hofers Seite mit FPÖ-Logo in sattem blau erscheint.
- Zusammenhalt statt Angst: Ich kann die ständige Panikmache einfach nicht ausstehen. Es ist soviel leichter, mit den Ängsten der Bevölkerung zu spielen als die Vorzüge und Leistungen Österreichs ins positive Licht zu rücken.
- Gesprächskultur: Ich mag die Art von Van der Bellen, auch mal länger nachzudenken, bevor er eine Antwort gibt. Ich bin für Besonnenheit. Schnell schießen und laut draufhauen ist aber natürlich leichter…
- Authentizität und Ehrlichkeit: Van der Bellen kommt bei mir authentischer an und seine Worte glaube ich ihm einfach mehr. Meiner Meinung nach spielt Norbert Hofer eine Rolle. Er wirkt einfach nicht echt auf mich.
- Ausstrahlung und Sympathie: Ich mag den übertrieben künstlichen Grinser von Norbert Hofer einfach nicht. Ich mag das Lächeln nicht, wenn er etwas gefragt wird, was er nicht wichtig nimmt. Ich mag seine NLP-gesteuerte Überheblichkeit und die antrainierten Rhetorik-Tricks nicht und ich kann mir einfach nicht vorstellen, ihn 6 Jahre lang immer wieder auf verschiedenen Titelblättern sehen zu müssen.
Mein Fazit: Ich wähle Alexander van der Bellen, weil ich mir eine verbindende Zukunft der Gemeinsamkeit wünsche und ich überzeugt davon bin, dass es förderlicher für das Wohlbefinden und das Zusammenleben ist, sich auf das positive Geschehen in Österreich und der Welt zu konzentrieren anstatt Angst zu verbreiten!
…und ich hoffe sehr, dass der Großteil der österreichischen Bevölkerung das auch so sieht!