Nun ist er also auch schon wieder vorbei: Der Pricing & Distribution Day 2016 der HSMA. Neben einem herzlich-süßen Willkommensgruß des Sheraton Hotels Frankfurt Airport bleibt mir vor allem eine wiedermal großartige Veranstaltung unter dem klingenden Titel „Redefining Partnership“ in Erinnerung.
Nach großartigen und intensiven Unterhaltungen am Vorabend-Networking läutete HSMA-Präsident Haakon Herbst den #pdd16 mit seinen Begrüßungsworten ein. Der Start in den Tag versprach bereits viel, da Heiko Siebert (SHMA Schweiz) Umfrage-Ergebnisse von einer Befragung an Hoteliers und Buchungsportale präsentierte, um anschließend sowohl 3 Hoteliers als auch Vertreter von Expedia, Booking und HRS auf die Bühne zu bitten. In der Hotellerie sei der Drang zu spüren, sich im Kampf um den Eigenvertrieb Ketten anzuschließen. Schuldzuweisungen seien aber heute nicht mehr nützlich, denn Fakt ist, dass 25 % aller Hoteliers mehr als 40 % Ihres Logis-Umsatzes mit OTAs generieren. Etwas zu zweifeln begann ich, als der Audienz dann suggeriert wurde, dass die Stimmung (vor allem im Hotel-Mittelstand) gegenüber den OTAs immer positiver wird und die Direktbuchung eigentlich nur noch von der Kettenhotellerie forciert wird. Nun stellte ich mir bereits die Frage, wann wir denn bitte auf Kuschelkurs mit den Buchungsplattformen gegangen sind? Natürlich ist ein Vertriebsmix wichtig und vor allem Booking und Expedia sind nicht mehr wegzudenken, aber dennoch muss es doch allein schon der unternehmerischen Tätigkeit wegen unser Ziel sein, soviel Umsatz wie möglich im Eigenvertrieb zu lukrieren… Und das bereits im Ministerrat beschlossene Verbot der Paritätsklauseln bietet der österreichischen Hotellerie beispielsweise endlich wieder die Möglichkeit, den Vertrieb über die eigenen Kanäle zu stärken!
Partnerschaft mit OTAs birgt Chancen und Risiken. Balance ist entscheidend! #RalfDenke #pdd16 pic.twitter.com/IeoF0BQCP2
— Marco Riederer (@DaaMarco) July 18, 2016
Von der anschließenden Podiumsdiskussion erwartete ich mir dann einen Hotel-OTA Schlagabtausch. Etwa so, wie ich das in den vergangenen Jahren immer wieder gewohnt war. Neue Entwicklungen bei den OTAs müssen ja traditionell als böse Einschränkung des Direktvertriebes eingestuft werden. Hoteliers und OTAs betraten also gemeinsam die Bühne und es wurden erste Fragen gestellt. Die Antworten kamen überraschend schnell und impulsiv …. Nicht! Es war kein Feuer da. Keine Sticheleien. Keine Verteufelungen. Keine „An-den-Pranger“-Stellungen. Der Kuschelkurs setzte sich fort. Ich war fast ein bisschen enttäuscht. Keine unruhige Stimme aus dem Publikum… zumindest vorerst. Als nämlich dann auch mal vereinzelte Unmuts-Äußerungen aus dem Auditorium zu hören waren und die Themen Ratenparität (Heiko Rieder von den pentahotels klagte über die technologische Schwierigkeiten in der Darstellung der gleichen Raten auf unterschiedlichen Portalen, vor allem in Verbindung mit MLOS) und Brand Bidding (vielleicht sollte man doch endlich die eigene Hotelmarke schützen lassen?) aufgegriffen wurden, war endlich auch wieder Unruhe im Saal und am Podium zu verspüren. Ich war beruhigt – Alles wie immer!
Gute Partnerschaft ist, wenn man auch an seinem Geburtstag auf der Bühne steht! Happy bday #NadineStachel #pdd16 pic.twitter.com/omnbPsuEDL
— Marco Riederer (@DaaMarco) July 18, 2016
Weiter ging’s mit Bernd Fritzges, der uns die Alchemie der MICE-Portale näher brachte. Warum soll es denn auch nicht gängige Praxis sein, Tagungsräume in Echtzeit online zu buchen? Es gibt bereits haufenweise Informations- und Anfrageportale am Veranstaltungsmarkt, aber eben leider wenige wirklich gute Echtzeit-Buchungsportale. Eines der größten und medial präsentesten ist derzeit sicherlich Expedia Meeting Market. Dies bestätigt auch Felix Undeutsch, der einfach mal die Frage stellte, wer denn seine Tagungspreise an die Nachfrage anpasst!? Warum kosten alle Bestuhlungsvarianten gleich viel? Kann man für das Wasser im Seminarraum am Montag mehr verlangen als am Samstag? Wohin geht die Reise des MICE-Revenue Managements? Eines ist jedenfalls Gewissheit: Optionen gehören der Vergangenheit an – First come, first serve!
Als nächstes folgte ein kleiner Exkurs in den chinesischen Markt. Enorme Wachstumszahlen versprechen hier langfristige Umsatz-Bringer. Vorausgesetzt, man kann den chinesischen Markt auch bedienen. Und dass das gar nicht so einfach ist, wurde uns von Daniel Zelling eindrucksvoll zur Schau gestellt. Oder hätten Sie gewusst, dass chinesische Reisende über Google, Facebook und die klassischen OTAs schlichtweg nicht zu erreichen sind? WeChat heißt das Zauberwort. Längst mehr als eine riesige Social Media Plattform hat sich WeChat zu einem täglichen Begleiter der Chinesen entwickelt. Über WeChat wird kommuniziert, gespielt, recherchiert, empfohlen, gebucht, bezahlt und bewertet! Wer am chinesischen Markt präsent sein will und vor allem auch Individualreisende erreichen will, der sollte sich mal bei Rosa Montero von Derbysoft melden… vorausgesetzt, man erfüllt auch die Anforderungen an chinesische Gäste.
Kurz vor der Mittagspause wagten wir dann noch einen Blick über den Tellerrand hinein in die Fernbus-Branche. Wie funktioniert Revenue Management in europäisch agierenden, großen Fernbus-Unternehmen und was kann die Hotellerie womöglich davon lernen? Es wurden viele Zahlen präsentiert und oftmals auch das Vorbild der Airlines herangezogen, die wohl am gesamten Reisemarkt in dieser Thematik weit voraus sind. Lernen können die Fernbusse vor allem auch vom britischen Markt, wo es bereits gang und gebe ist, dass kurzfristige Buchungen teurer sind als im Voraus getätigte. Sollte eigentlich eh logisch sein, aber genauso wie die heimische Hotellerie haben auch die kontinentalen Fernbus-Unternehmen hier noch einiges an Nachholbedarf…
Nach der Mittagspause ging es mit dem wohl kurzweiligsten Rechtsexperten zwischen Wien und Alaska weiter. Peter Hense klärte mal wieder über die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf und warum viele gängige Praktiken eigentlich rein rechtlich gar nicht erlaubt wären. So ist zum Beispiel Preisdiskriminierung ein heißes Thema und unterschiedliche Preise nach Devices, Geschlecht, Standort und Herkunft sind rechtlich unzulässig. Und müssen Metasearcher die Website-Gäste bald darüber informieren, dass für gelistete Preise Provisionen kassiert werden? Wichtiges Fazit: Solange Gesetze da sind, müssen sich auch die Portale daran halten. Punkt! In einem Letter to Search Engines wurden Suchmaschinenbetreiber in den USA bereits 2013 dazu angehalten, dass gesponserte Beiträge und Werbung auch in Zukunft und bei allen Empfehlungsformen (Suchergebnisse, Audioempfehlungen, Videobotschaften,…) ganz klar gekennzeichnet und für den potentiellen Kunden ersichtlich sein müssen.
Ullrich Kastner präsentierte uns im Anschluss die Ergebnisse aus einem Versuch eines Hotels, eine Woche auf den Distributionskanal Booking zu verzichten. Unabhängig davon, dass ich vor 10 Jahren in Booking-Aktien investieren hätte sollen, ist es gut zumindest annähernd zu wissen, wieviel Prozent der Buchungen über den Vertriebskanal selbst kommen und wieviel Prozent der Gäste über Drittanbieter überhaupt erst auf bspw. Booking aufmerksam werden. …immerhin kann ich als Hotelier bei den Plattformen wie Trivago, aber auch bei Google selbst Hebel ansetzen und Geld in die Hand nehmen, um den Direktvertrieb zu stärken. Es erfordert nur Mut und im Fallbeispiel auch die Erkenntnis, dass man auf Booking nicht verzichten kann…
Let’s switch to English for optimal pricing & market positioning! #NeilCorr#pdd16
— Marco Riederer (@DaaMarco) July 18, 2016
Nach Neil Corr kam Tom Breckwoldt auf die Bühne, der mit den Neuerungen von Tripadvisor und der Instant Booking Möglichkeit weitestgehend auf Unverständnis bei den Hoteliers stieß. Auch Trivago (mittlerweile 4 Millionen Nutzer pro Tag, +202 % in den letzten 3 Jahren) kam danach nicht bei allen gut an. Immerhin will man bei Trivago weiterhin nicht auf das CPC-Modell verzichten bzw. eine Alternative dazu anbieten. Dies tut übrigens Google, seit in Bezug auf die Google Hotel Ads der Dialog mit der Hotellerie gesucht wurde. Google will die individuelle Reiseplanungs-Unterstützung für alle werden. Die Gäste profitieren vom maßgeschneiderten Angeboten und Tips, während die Hotels ihre Direktbuchungen steigern können. Klingt ja fast zu schön, um wahr zu sein, oder?
Zum Abschluss legte Dieter Josten noch eine großartige Performance an den Tag und wagte mit uns einen Blick in die Zukunft, ähm ins Jetzt. Also jedenfalls in den Bereich, der bereits möglich ist und teilweise auch gemacht wird. Aber uns nicht bewusst ist … oder so… Fazit des kurzweiligen Auftrittes über lernende Systeme: Das Produkt findet bereits die Kunden und nicht der Kunde das Produkt!
Frage des Tages beim #pdd16 Warum ist der hübsche Mann im Bademantel/Aufzug aus dem #trivago TV Spot nicht mehr da 😂@HSMA_DE@trivago
— Hakan Ardic (@HakanArdic) July 18, 2016