Der jährliche Kongress der Österreichischen Hoteliervereinigung ist aus meinem touristischen Veranstaltungsplan nicht mehr wegzudenken. Zum mittlerweile neunten mal durfte ich den Hotelierkongress bisher miterleben. 5 mal davon als Teil des ÖHV-Teams und nun zum vierten mal als Vertreter des Zeitgeist Vienna. Und bereits zum zweiten Mal in Zell am See mit wiedermal über 600 Teilnehmern.
Zell am See ist ja auch ein einzigartiger Ort zwischen Gletscher, Berg und See mit einer tollen Kongress-Location. Ich hatte das Glück in der Villa Klothilde nächtigen zu dürfen, die ich auf diesem Weg nur wärmstens empfehlen kann. Große und saubere Zimmer, unglaublich freundliches Personal und ein wunderbares Frühstücksbuffet. Was will man mehr? 🙂
17.01.2016 – ÖHV-Kongress Tag 1
Der ÖHV Kongress 2016 stand unter dem Motto „Jetzt erst recht! Von den Besten lernen.“ und war inhaltlich definitiv einer der wertvollsten, die ich bisher besucht habe. Der Sonntag startete mit der Generalversammlung, in der nicht nur Michaela Reitterer als Präsidentin bestätigt wurde, sondern nebenbei anstelle eines zweiten Co-Präsidenten das Präsidium nun mit 4 Vizepräsidenten (je einer zuständig für die Regionen West, Mitte/Nord, Süd und West) neu aufgestellt wurde. Ein paar Statutenänderungen gab’s dann noch und im Anschluss eine Podiumsdiskussion über die sich verändernden Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt.
Trotz der wachsenden Zahl an Arbeitslosen fehlen der Tourismusbranche adäquate Mitarbeiter. Warum dies so ist und welche Rahmenbedingungen es am Arbeitsmarkt braucht diskutierten Moderator Christopher Norden (Chefredakteur T.A.I.) gemeinsam mit AMS-Vorstand Dr. Johannes Kopf, Wirtschaftsforscher Dr. Stephan Schulmeister, ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer, Andreas Kovar (Kovar & Partner) und Dr. Franz Schellhorn (Agenda Austria).
Laut aktuellen Hochrechnungen braucht der österreichische Tourismus in den nächsten 4 Jahren 15.000 zusätzliche Arbeitskräfte. Daher müsse es laut Schulmeister wieder „cool“ werden im Tourismus zu arbeiten. Neben einer ÖHV-Imagekampagne (Mach Karriere im Hotel) fordert die ÖHV auch eine Senkung der Lohnnebenkosten. „Für die Mitarbeiter soll es wieder Sinn machen zu arbeiten“ sagt Reitterer. Dass außerdem die Digitalisierung einen immer stärkeren Einfluss auf die Tourismusbranche nimmt und Arbeit & Freizeit noch mehr ineinander übergehen, bestreitet indes niemand.
Hier ein paar Auzüge der interessantesten Sager:
Menschen sind immer mehr auf der Suche nach Sinnstiftung! #AndreasKovar zur neuen Arbeitswelt! #öhvhk16 pic.twitter.com/FbK793o6OK
— Marco Riederer (@DaaMarco) January 17, 2016
Die Tourismusbranche hat ein viel größeres Arbeitskräfte-Problem, als sie glaubt! #öhvhk16 #JohannesKopf
— Marco Riederer (@DaaMarco) January 17, 2016
Wenn ich immer nur sage, wie schlecht alles ist, werde ich das gute nicht erreichen! #MichaelaReitterer #öhvhk16
— Marco Riederer (@DaaMarco) January 17, 2016
Es gibt zuviel Anreize vom Staat um nicht zu arbeiten! #öhvhk16 #FranzSchellhorn
— Marco Riederer (@DaaMarco) January 17, 2016
Man kann nur hoffen, dass das Licht am Ende des Tunnels nicht vom entgegenkommenden Zug ist! #öhvhk16 #FranzSchellhorn 😂
— Marco Riederer (@DaaMarco) January 17, 2016
„Ich wünsche mir ein neues Mindsetting in der Politik! Deshalb führ ich auch dieses Amt aus!“ DANKE #MichaelaReitterer #öhvhk16
— Marco Riederer (@DaaMarco) January 17, 2016
Generalsanierung nötig – klare Conclusio der Arbeitsmarktdebatte am öhvhk16 https://t.co/exDKhWVbdM pic.twitter.com/qiGEpANlLm
— Martin Stanits (@martinstanits) January 17, 2016
Nach der Podiumsdiskussion ging es dann noch weiter mit dem Eröffnungsabend bei Mercedes Benz und dem anschließenden Besuch im neuen Casino Zell am See. Gewonnen haben wir zwar nichts, aber in guter Gesellschaft macht das ja nichts 😉
18.01.2016 – ÖHV-Kongress Tag 2
Die Kongress-Moderation der beiden Haupt-Tage übernahm wieder ORF-Moderator Tarek Leitner, der seine Sache zwar wieder gut machte, aber zugegebener Maßen in den letzten Jahren doch souveräner wirkte. Los ging die Vortragsreihe mit Bestsellerautor Rolf Dobelli, der mit seiner plakativen Darstellung von typischen Denkfehlern dazu anhalten wollte, eben diese zu vermeiden und mehr Entscheidungsqualität zu erzielen. Gesamt hat er 120 Denkfehler identifiziert und in seinen Büchern anhand einfacher Beispiele dargestellt. 10 der häufigsten Denkfehler hat er nun vorgestellt. Dazu gehören Autoritätshörigkeit und Herdenverhalten. Nicht alles, was ein Mann im weißen Kittel sagt, muss sinnvoll und nachvollziehbar sein, obwohl wir das genauso gerne glauben, wie die Entscheidung von Massen, denn was alle tun, muss ja wohl richtig sein.
#öhvhk16 #RolfDobelli RT @hgc1010: Beim Menschen gibt es neben #Schwarmintelligenz auch #Schwarmdoofheit
— Marco Riederer (@DaaMarco) 18. Januar 2016
Mit einem klassischen Denkfehler räumte im Anschluss auch Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser auf: Sehr gerne lassen wir dazu verleiten, zu denken, dass es uns verdammt gut geht, verglichen mit Ländern wie Spanien oder Griechenland. Dass es aber gerade im eigenen Land genug zu tun gibt und Österreich in den letzten Jahren in nahezu allen Rankings zurückgefallen ist, wird dabei gerne vergessen. Allein 2015 hat der Rechnungshof 96 Prüfungsberichte vorgelegt, die strukturelle Reformen notwendig machen, um Österreich wieder zukunftsfit werden zu lassen. Es werden zwar drei viertel der Empfehlungen umgesetzt, aber gerade jene Reformen, die Bund, Länder und Gemeinden gleichzeitig betreffen, würden laut Moser nur zaghaft angegangen: „Wir haben viel Potential, die Politik muss es nur auch umsetzen!„
Rechnungshof: Aufwendungen um 9 Milliarden höher als Erträge #oehvhk16 Wir müssen was tun, wir leben zu Lasten der nachfolgenden Generation
— Markus Lengauer (@MarkusLengauer) 18. Januar 2016
Carsten K. Rath führt das Lifestyle-Hotel Kameha Grand Zürich und referierte zum Thema Kunden-Begegnungsqualität. Will man sich von der Konkurrenz abheben, so muss man sich von der Konkurrenz positiv abheben. So weit, so klar… Wer sich allerdings nur über den Preis definiert, verliert seine Kunden auch über den Preis. Seine Geheimformel M4: „Man muss Menschen mögen!“ sollte doch eigentlich Standard sein in der Hotellerie. Die schwierigste Aufgabe und vermutlich der Knackpunkt des Erfolges ist es, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiter sich mit dem Haus identifizieren.
Erfolg kommt nicht von folgen! #karstenrath #oehvhk16
— Marco Pointner (@marcopointner) 18. Januar 2016
Wunderbare, fundierte und kurzweilige Einblicke in die strategischen Überlegungen der Österreichischen Bundesbahnen brachte uns danach der 2015 amtierende ÖBB Chef Christian Kern näher. In den letzten 6 Jahren habe er sehr viel erreicht. …aber auch erreichen müssen, wie er nicht müde wird, zu betonen. Denn Veränderung ist seiner Meinung nach sowohl die Existenzberechtigung der Manager, als auch deren Motivation. Alles war er mit seinem Team bisher bei der Bahn erreicht hat (Pünktlichkeit, Rentabilität, Wert und Image), ist aber schon wieder Geschichte. Der Markt reagiert sehr schnell auf Veränderungen und bringt diese auch selbst hervor. Reagiert werden muss auf Fernbusse, Carsharing Modelle und selbstfahrende Autos. Ständige Investitionen müssen getätigt werden, um erfolgreich zu bleiben und dem Marktdruck standzuhalten. Im Falle der ÖBB werden nun eine Milliarde Euro in neues Zugmaterial und Digitalisierung investiert!
Kurzum: Man fährt wieder weiterhin Bahn!
Erfolg schützt nicht vor Veränderung Mag. Christian Kern, CEO ÖBB Holding #öHV #öhvhk16… https://t.co/Lf2wctvOJt
— Michael Mrazek (@MichaelMrazek) 18. Januar 2016
Nach einer ausgezeichneten Mittagessen, präsentierten Markus Gratzer und Vladimir Preveden eine neue Studie von Roland Berger, in der 667 Hotels in Österreich, Deutschland und der Schweiz dazu interviewt wurden, wie weit die Digitalisierung in deutschsprachigen Hotels tatsächlich fortgeschritten ist. Eine zentrale Aussage war, dass man ruhig aus den Fehlern der anderen lernen kann und soll. Sehe ich nicht ganz so, denn was für andere Branchen oder Hotels ein Fehler ist, kann doch für meinen Betrieb stimmig sein, oder? Natürlich ist es wichtig, sich mit Fehlern und Best-Practices des Mitbewerbs und auch anderer Branchen auseinander zu setzen. Wenn man daraus dann Handlungen für den eigenen Betrieb ableiten kann und aus den eigenen Erfahrungen Schlüsse zieht, ist man sicherlich auf einem guten Weg. Dass die Smartphone-Tauglichkeit nachwievor immer wichtiger wird, ist unbestritten. Immerhin werden heute 18 % der Online-Buchungen mobil getätigt…
Rupert Simoner (Chef der VI Hotels & Resorts) bestätigte aus Erfahrung die Wichtigkeit von Big Data. Nur Newsletter, die exakt auf die Wünsche der einzelnen Gäste-Segmente zugeschnitten sind, werden auch wahrgenommen. 90 % der Newsletter sind überflüssig. Und was ist der größte Vorteil, den Hotels nach wie vor haben? „Wir müssen den Kunden nicht ein Zimmer, sondern Erlebnisse verkaufen. Denn genau das können Buchungsplattformen bisher noch nicht!„
19.01.2016 – ÖHV-Kongress Tag 3
Wer schon öfter auf Kongressen war, der weiß um die Länge der zweiten Nacht (inklusive der durch die ÖHV-Partner gesponserten Aftershow-Party – DANKE an dieser Stelle!) bescheid. Umso überraschter war ich über den diesmal doch sehr großen Andrang am Vormittag. Grund dafür war wohl ein Fehler im System… oder vielleicht doch Ali Malohdji, der sich aufgrund seiner Vergangenheit als eben solchen bezeichnet. Ali ist Flüchtling aus dem Iran, Ali hat die Schule angebrochen und Ali hat über 40 mal den Job gewechselt. Ali bezeichnet sich selbst als Kenner und Versteher der Generation Y, deren Mitglieder im Zeitraum von 1980 bis 1999 geboren sind und dadurch mehrheitlich nach 2000 als Teenager galten. Jugendliche wissen aber oft nicht, was sie wollen – schon gar nicht wenn es um’s Berufsleben geht. Um einen Überblick zu verschaffen und Jugendlichen die Orientierung zu erleichtern, hat Ali die Plattform Watchado gegründet, wo Personen aus allen Berufsgruppen die gleichen 7 Fragen zu ihrem Leben und dem beruflichen Werdegang in einem Video beantworten. Mittlerweile wurden mehr als 4.600 Videos gedreht und es standen neben Ubahnfahrern und Marketing Managern auch bereits Bundespräsident Heinz Fischer und ORF-Moderator Armin Wolf vor der Kamera. Warum sein Unternehmen erfolgreich ist? Ali holt sich ganz einfach nur Leute ins Team, die besser sind als er selbst!
Nach einer kurzen Kaffeepause übernahm Leadership-Expertin Stefanie Springer das Bühnen-Zepter und forderte die anwesenden Führungskräfte auf, aktiv Employer Branding zu betreiben. Frau Springer schlug in die gleiche Kerbe wie Ali zuvor und pochte darauf, den Veränderungsprozess im Unternehmen nicht immer bei den Mitarbeitern zu starten. „Die Veränderung muss bei der Führung beginnen! Wenn Sie die klügste Person im Raum sind, sind Sie im falschen Zimmer.“ Also Vorbild in dem Bereich nannte Sie Bill Marriott, dessen Tip es stets war, sich nur mit Menschen zu umgeben, die klüger sind als man selbst.
Im Anschluss präsentierte Marco Nussbaum, Online-Freak und CEO der der deutschen Hotelkette Prizeotel, Optimierungsprozesse aus dem Hotel-Alltag und warum er sein Konzept als Best-Practice-Beispiel sieht. Der Online-Erfolg kann jedenfalls nur Offline beginnen. Das ganze Hotel als System müsse funktionieren. Eines seiner Erfolgsrezepte ist das Recruiting (Hospitality Award 2014 für das beste Rekrutieren) – warum soll sich ein Hotelteam nicht auch aus unterschiedlichen Branchen zusammensetzen können? Das wichtigste ist die Motivation. Fähigkeiten sind erlernbar! Anstelle einer vertikalen Hierarchie gibt es in den Prizeotels ganz flache Strukturen – jeder Mitarbeiter hat Führungsqualitäten. Das liegt zwar nicht jedem (und es sind auch nicht alle Mitarbeiter dafür geeignet), aber der Erfolg gibt den Prizeotels recht!
#prizehotel: „we hire for will and not for skill“ #öhvhk16 @marconussbaum: auch im Hotel für Branchenfremde öffnen pic.twitter.com/kMug7Cn6Df
— Markus Lengauer (@MarkusLengauer) 19. Januar 2016
Danach wurde es ziemlich affig! Und es war gut so, denn vielleicht sollten wir uns wieder etwas auf unsere Instinkte besinnen. „In unserer digitalisierten Welt können immer weniger Menschen ihre Aufmerksamkeit kontrollieren.“ meint der bekannte Hirnforscher Bernd Hufnagl und rät allen Kongressteilnehmern, sich ein Beispiel an den Affen zu nehmen. Die haben immerhin noch Präsenz und werden wahrgenommen. Wenn der Alpha-Affe den Raum betritt, dann besteht kein Zweifel daran, wer das Sagen hat – das nennt man Ausstrahlung. Dafür bedarf es aber auch dem natürlichen Interesse am Menschen. „Empathie kann man nicht lernen und vor allem bei Stress neigen wir zu Dramatisierungen“ so Hufnagl weiter. Ein guter Chef kann aber vor allem andere Menschen beruhigen, wenn die Hütte brennt.
Danach präsentierten Hotelfachschüler noch ihre Ergebnisse des Video-Wettbewerbs „Hotelalltag“, bevor ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer und Generalsekretär Markus Gratzer die Initiative „Mach Karriere im Hotel“ vorstellten. Das Kabarett zum Abschluss mit dem klingenden Namen „Servus Piefke“ von Severin Groebner war dann auch der einzige qualitative Ausreisser auf diesem sonst durch die Bank sehr interessanten und nahezu perfekten Kongress! 🙂
Voll voll der Saal, wenn es Recruiting geht: Mach Karriere im Hotel – die ÖHV-Mitarbeiter-Offensive am #öhvhk16 pic.twitter.com/L7IE22P3xz
— ÖHV (@OEHV) 19. Januar 2016
Noch nicht genug? Dann besucht doch die ÖHV-Seite für weitere umfassende Infos und Präsentationen rund um den Kongress!
Nächster @OEHV Kongress also in #BadIschl – gleich mal Zimmer buchen! 😉 #öhvhk16 pic.twitter.com/qSZZYk6Xqd
— Marco Riederer (@DaaMarco) 19. Januar 2016
Mein persönlicher Kongress-Abschluss fand dann doch wieder im Casino Zell am See statt 😉